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Volksinitiative: "Für verantwortungsvolle Unternehmen - zum Schutz von Mensch und Umwelt"
Ziel der Konzernverantwortungsinititative ist die Einführung eines Mechanismus, mit dem Verstösse von Schweizer Konzernen und den von ihnen abhängigen Unternehmen im Ausland gegen international anerkannte Menschenrechte und Umweltstandards geahndet werden können. Die Initiative wurde aufgrund verschiedener Berichte von unhaltbaren Bedingungen für Mensch und Umwelt in Regionen, in welchen Schweizer Konzerne tätig sind, lanciert. Durch die neuen Haftungsregeln sollen die betroffenen Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden.
Ausgangslage
Zustandekommen
Der Initiative gehen mehrere Kampagnen und Petitionen voraus, welche allerdings nicht im Sinne der verbindlichen Haftung für Schweizer Konzerne für Verstösse im Ausland angenommen wurden. Aufgrund dessen wurde die Konzernverantwortungsinitiative am 21. April 2015 lanciert und am 10. Oktober 2016 mit 120'418 gültigen Unterschriften eingereicht. Im Herbst 2017 empfahl der Bundesrat in einer Botschaft, die Initiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen.
Was wird geändert?
Bei der Annahme der Initiative müssen Unternehmen mit Sitz, Hauptverwaltung oder Niederlassung in der Schweiz und von ihnen kontrollierte Unternehmen in der Schweiz für Verstösse gegen Menschenrechte und internationale Umweltstandards haften. Direkt kontrollierte Unternehmen können Tochterfirmen, aber auch Zulieferer mit dem Schweizer Unternehmen als einzigen Kunden sein. Zudem müssen primär grosse Unternehmen auch eine Sorgfaltsprüfung von ihren Tätigkeiten im Ausland durchführen.
Indirekter Gegenvorschlag
Die Kommission für Rechtsfragen des Stände- und Nationalrats haben sich allerdings trotz der bundesrätlichen Empfehlung jeweils für einen Gegenvorschlag ausgesprochen. Der Nationalrat entwarf einen Gegenvorschlag, welcher das Initiativkomitee als Kompromiss ansah und zusicherte, ihre Initiative zurückzuziehen, sollte diese Version angenommen werden. Allerdings ging der Ständerat in der Folge weder auf diesen noch auf den Gegenvorschlag der eigenen Kommission ein. Zurück im Nationalrat, wurde der ursprüngliche indirekte Gegenvorschlag von den Parlamentariern und Parlamentarierinnen allerdings wiederum angenommen. Der Bundesrat schlug dann, trotz seiner anfänglichen Ablehnung eines Gegenvorschlags, einen abgeschwächten Gegenvorschlag nur mit Berichtserstattungspflichten und ohne verbindliche Haftungsregelungen vor. Durch den Einigungsprozess zwischen Stände- und Nationalrat haben sich beide Räte für einen Gegenvorschlag ohne Haftungsregelung analog dem Vorschlag des Bundesrates ausgesprochen. Wird die Initiative abgelehnt, tritt dieser in Kraft.
Argumente dafür
Das Initiativkomitee betont insbesondere die Rechenschaftspflicht von Schweizer Unternehmen, welcher sie eigentlich schon freiwillig hätten folgen können. Da das Prinzip der Freiwilligkeit allerdings nicht gegriffen habe, brauche es verbindliche und klare Regeln. Da dieser Aspekt im Gegenvorschlag der Räte nicht vorkomme, sei dieser dementsprechend nur eine Scheinlösung ¬– rechtsfreie Räume und eine unzulängliche Justiz würden von weiterhin ausgenutzt. Als Beispiel weisen die Initianten hierbei wiederholt auf den Schweizer Rohstoffkonzern Glencore hin. Er sei unter anderem verantwortlich für verschmutzte Landwirtschaftsflächen im Kongo, schwefelbelastete Luft in Sambia, einen verseuchten Fluss im Tschad und Schwermetalle bei einer Mine in Peru. Mit der Kozernverantwortungsinitiative müsse Glencore für diese Verstösse gegen Menschenrechte und Umweltstandards geradestehen und die Situation vor Ort verbessern.
Dabei bleibe auch die Beweislast wie in der Schweiz üblich beim Kläger. Dieser müsse (1) den erlittenen Schaden, (2) dessen Widerrechtlichkeit, (3) den Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und der Widerrechtlichkeit, und (4) die Kontrolle des Schweizer Unternehmens über das betroffene Unternehmen nachweisen. Danach könne sich das Unternehmen immer noch von einer Haftung befreien, indem es nachweist, dass die Sorgfaltspflichten zur Vermeidung des Schadens eingehalten wurden. Somit sei auch eine Prozessflut nicht zu erwarten.
Nicht zuletzt seien KMUs explizit von der Vorlage ausgenommen, womit nur rund 3'500 Unternehmen von der Initiative betroffen wären. Auch bei diesen würden dann aber nur internationale Standards angewandt, was nicht als Rechtsimperialismus bezeichnet werden könne.
Argumente dagegen
Bundesrat, Nationalrat und Ständerat haben sich gegen die Initiative und für den ausgearbeiteten Gegenvorschlag ausgesprochen. Dieser sei nicht so extrem wie die Konzernverantwortungsinitiative – welche die Gegner als Unternehmens-Verantwortungs-Initiative bezeichnen – und führe nicht zu einem Schweizer Alleingang. Dieser bestehe aus der geplanten, weltweit einzigartigen, Beweislastumkehr. Somit wären Schweizer Unternehmen auch ohne eigene Schuld für die Tätigkeiten von wirtschaftlich kontrollierten Lieferanten verantwortlich, ausser sie beweisen, dass sie durch lückenlose Überwachung ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen sind.
Ausserdem könne die Initiative auch nicht das erreichen, was sie bezwecke. Da in der Praxis die globalen Lieferketten und Abhängigkeiten sehr komplex seien, könnten die Schweizer Unternehmen diese gar nicht überwachen. Davon wären zudem nicht nur wie vom Initiativkomitee behauptet grosse Unternehmen betroffen, sondern alle Unternehmen, da Konzerne im Initiativtext nicht explizit genannt würden.
Vielmehr sei die Konzernverantwortungsinitiative sogar kontraproduktiv: indem im Ausland internationale Standards angewendet würden, müssten dort tätige Unternehmen entweder einen Teil ihrer Geschäftstätigkeit für Juristen und Berater aufwenden, um den Anforderungen der Initiative gerecht zu werden, oder sich zur Minimierung der Risiken komplett zurückziehen. Dies schade dem entsprechenden Wirtschaftsstandort.
Schlussendlich amerikanisiere sich die Schweiz durch die Initiative im Sinne des «Weltpolizisten», welcher fremden Ländern sein Rechtssystem aufdrücke. Dies habe nämlich auch kulturelle Komponenten, etwa das Ausbildungssystem mit Lehrlingen, welches anderswo als Kinderarbeit eingestuft werden könnte. Der Eingriff in fremde Rechtssysteme belaste zudem die diplomatischen Beziehungen der Schweiz.
Literaturverzeichnis [ ein-/ausblenden ]
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Bei der Annahme der Initiative werden Schweizer Unternehmen und von ihnen kontrollierte Unternehmen für Verstösse gegen die Menschenrechte und internationale Umweltstandards neu in der Schweiz haften müssen. Bei der Ablehnung der Initiative tritt der von Stände- und Nationalrat ausgehandelte und vom Bundesrat unterstützte Gegenvorschlag in Kraft, welcher keine Haftungsregelungen vorschreibt, dafür jedoch eine Berichtserstattungspflicht einführt. Befürworter und Gegner anerkennen beide mehrheitlich das Problem der fehlenden rechtlichen Verantwortung von Schweizer Unternehmen für ihre Tätigkeiten im Ausland, aber unterscheiden sich im Lösungsansatz.
Argumente dafür
Schweizer Unternehmen, welche gegen Menschenrechte oder Umweltstandards verstossen, sollten dafür geradestehen müssen. Auch werden präventiv Schäden an Mensch und Umwelt verhindert. Es brauche die Initiative, weil das Prinzip der Freiwilligkeit im internationalen Rahmen erfahrungsgemäss und vor dem Hintergrund zahlreicher schwerer Menschenrechtsverletzungen nicht tauge. Zudem seien KMUs ausgenommen und die Beweislast verändere sich im Kern nicht.
Argumente dagegen
Die Gegner betonen das Inkrafttreten des Gegenvorschlags, welcher dieselben Ziele mit weniger Aufwand erreichen könne. Die Initiative sei zu extrem und gefährde den Wirtschaftsstandort Schweiz. Zudem wäre die Schweiz das einzige Land weltweit, welches die Beweislastumkehr einführen würde, was einem Experiment gleichkäme. Im Ausland tätige Unternehmen müssten Lieferanten überwachen, um einer Klage auszuweichen. Zudem handle die Schweiz von einer rechthaberischen Position aus, wenn sie ihr Rechtssystem auf andere Länder aufdrücke.
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