Eins ist klar. Wohl kein anderer Wirtschaftszweig in unserem Land ist in den vergangenen vier Jahren mehr unter Druck geraten als der Tourismus. Der erste einschneidende Moment war das Ja des Schweizervolks zur Zweitwohnungsinitiative, der zweite war die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative. Nicht nur alle guten, sondern auch alle schlechten Dinge sind drei. So ist die dritte Herausforderung wohl die anspruchsvollste, die Frankenstärke. Der Entscheid der Nationalbank, den Euro-Mindestkurs aufzugeben, hat die Schwierigkeiten der Tourismusbranche nochmals deutlich verstärkt. Hier sei erwähnt, dass der Wechselkurs im Herbst 2007 noch 1.64 betrug und aktuell 1.09. Die sonst in der Wirtschaft üblichen Massnahmen zur Senkung der Kosten, insbesondere der Personalkosten, greifen im Tourismus nur sehr beschränkt. Die Tourismuswirtschaft kann nicht einfach die "Produktion" ins Ausland verlagern. Ihre Wertschöpfung findet zwangsläufig vor Ort statt. Irgendwann ist die Zitrone allerdings ausgepresst. Die Politik ist deswegen gefordert. In der vergangenen Herbstsession hat das eidgenössische Parlament drei wichtige Massnahmen für den Tourismus - alle drei notabene auf Initiative der CVP - beschlossen:
Erstens: Der Nationalrat hat die teilweise Befreiung der Pistenfahrzeuge von der Mineralölsteuer beschlossen. Bei der Land- und Forstwirtschaft ist dies schon lange der Fall. Auch Pistenmaschinen fahren nicht auf der Strasse und müssen so gleich behandelt werden. Damit werden die Bergbahnen jährlich um ca. zehn Millionen Franken entlastet. Ohne Bergbahnen wären viele touristische Gemeinden unvorstellbar.
Zweitens: Das Parlament hat die Beiträge an Schweiz Tourismus für die nächsten vier Jahre erhöht. Das war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Insgesamt stehen Schweiz Tourismus somit 230 Millionen Franken zur Verfügung. Für unseren Kanton Graubünden ist es zentral, dass unser wichtigster Wirtschaftszweig nicht geschwächt wird. Heute sind wir bei den ausländischen Gästen sehr stark vom Euroraum abhängig. Es liegt auf der Hand, dass wir versuchen müssen, neue Märkte zu erschliessen.
Drittens: Noch wichtiger, als das Marketing im Ausland ist allerdings, dass wieder mehr Schweizerinnen und Schweizer ihre Ferien in der Schweiz verbringen. Der Binnentourismus ist rückläufig. Für den Standort Graubünden ist dieser noch immer die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle. Wir müssen unsere Landsleute wieder mehr von Graubünden, seinen Stärken und einmaligen Angeboten begeistern. Das fängt im Kindesalter an. Und genau hier greift die dritte Massnahme. Mit der Zustimmung der Parlaments zur Schneesportinitiative sollen gerade Kinder und Jugendliche wieder vermehrt für den Schneesport begeistert werden.
Für unsere ausländischen Gäste wurden wir teuer, für die inländischen Gäste wurde das Ausland günstiger. So stehen wir vor einer doppelten Herausforderung. Unabhängig von der Herkunft müssen unsere Gäste den Mehrwert von Ferien in der Schweiz und speziell bei uns in Graubünden jederzeit erkennen können. Wir können nur mit Mehrwerten die Währungsdifferenzen wettmachen. So ist jeder Gastronomiebetrieb, jeder Hotelier, jede Bergbahn und überhaupt jeder Tourismusdienstleiter individuell gefordert. Die Branche hat dies erkannt. Viele innovative Ideen werden umgesetzt. Ein aktuelles und lobenswertes Beispiel ist sicher der Hotelier Kurt Baumgartner, der vor drei Wochen mit seinen Belvedere Hotels Scuol unter die drei Finalisten des Family Business Awards 2015 kam.
Die Tourismusbranche ist stark gefordert. Das muss uns in Graubünden beschäftigen. Der Bund, die Kantone, die Gemeinden, aber auch die Branche müssen Massnahmen ergreifen. Nur gemeinsam können wir unseren Kanton mit seinen 150 spannenden und eindrücklichen Tälern und seiner faszinierenden Dreisprachigkeit erfolgreich mit Freude und Leidenschaft vermarkten. Lamentieren bringt nichts. Herausforderungen sind da und müssen angepackt werden. Unsere Einmaligkeit kann uns niemand nehmen. Schauen wir somit optimistisch in die Zukunft. Alles andere bringt nichts.
Erstpublikation im Bündner Tagblatt vom Mittwoch, 07. Oktober 2015